Gestiegene Lebensmittelpreise 

Wenn sparen nicht reicht 

Die gestiegenen Preise für Lebensmittel belasten vor allem jene, die beim Einkaufen ohnehin schon mit jedem Cent rechnen müssen. Gut gemeinte Spartipps helfen ihnen kaum weiter. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sind die Preise für Nahrungsmittel laut Statistischem Bundesamt überdurchschnittlich gestiegen: Vergleicht man den Juni 2022 mit dem Vorjahresmonat, sind beispielsweise die Preise für Speiseöle um 85,3 Prozent gestiegen, für Eier um 26,3 Prozent und für Käse und Quark um 15,5 Prozent. Was wir alle beim Einkaufen zu spüren bekommen, trifft ärmere Haushalte besonders. Mit durchschnittlich 12 Prozent machen die Kosten für Lebensmittel im Haushaltsbudget der Bürger*innen zwar einen verhältnismäßig geringen Anteil aus, der Hartz-IV-Satz für Lebensmittel liegt jedoch beispielsweise bei etwa 5,20 Euro pro Tag – das ist extrem wenig, wenn man sich ausgewogen ernähren möchte. Handel und Ernährungsindustrie haben für die nächste Zeit weitere Preissteigerungen angekündigt. Und die steigenden Energiekosten werden die Haushalte noch stärker belasten. 

Wie eine Besucherin der Ev. Tafelaugabe mit der Situation umgeht

Ulrike K.*, eine Besucherin der Ev. Tafelausgabe der Diakonie Düsseldorf, erzählt: „Unser Haushaltsbudget war schon vor der Inflation immer sehr knapp bemessen, aber es ging irgendwie noch immer. Bei den jetzigen Teuerungsraten geht allerdings immer weniger – vor allem Extras können wir uns nicht länger leisten. Wenn die Kinder ins Schwimmbad gehen wollen, überlege ich jetzt drei Mal, ob das noch drin ist. Gerade in den Sommerferien war die gesellschaftliche Teilhabe der Kinder schwierig zu organisieren.“ Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern steht seit der Trennung vom Vater ihrer Kinder im Oktober 2018 jeden Mittwoch in der Schlange der Lebensmittelausgabe. Ihr ist wichtig, dass ihre Kinder nicht nur Weißmehlprodukte, Fette und Zucker essen, sondern dass ein gesundes Mittagessen auf dem Tisch steht: „Frisches Essen mit Salat und Gemüse – das ist mit wenig Geld schwer hinzubekommen. Jetzt im Sommer war ich froh über meine Brombeerhecke draußen.“ Bisher hat sie es trotzdem einigermaßen geschafft. Mit den gestiegenen Preisen hat sich die Lage aber geändert. Damit sie ihre Kinder weiterhin gesund ernähren kann, steckt sie nun bei sich zurück. Alles für die Kinder. Sie ist froh, dass es die Tafel gibt, obwohl sie seit Beginn der Corona-Pandemie nur noch jede zweite Woche Anspruch darauf hat. 

Die Lebensmittel helfen ihr und den Kindern für 3 bis 4 Tage, dann macht sie sich mit dem Rad wieder auf den Weg, beworbene Super-Sonderangebote aus den Supermärkten zu holen oder direkt bei Discountern einzukaufen. Sie hat keine andere Wahl. „An meinen Einkaufsgewohnheiten hat sich durch die Inflation nichts geändert, aber ich kann uns jetzt nicht mehr mit Lebensmitteln bevorraten. Dafür reicht das Geld einfach nicht.“

Die Ev. Tafelausgabe

Wie eine Mitarbeiterin der Ev. Tafelausgabe helfen kann

Laura Trucionyte arbeitet in der Sozialberatung der Ev. Tafelausgabe. Sie beobachtet die Preisentwicklung mit Sorge: „Zu uns kommen Menschen, die meist sowieso schon extrem sparsam leben. Da ist wenig Potenzial, um noch mehr einzusparen.“ Trotzdem versucht sie ihr Möglichstes, um ganz individuell zu helfen. „Menschen, die neu in eine Notlage geraten sind, wissen manchmal noch gar nicht, was ihnen zusteht. Wir unterstützen bei Anträgen für Wohngeld oder den Kinderzuschlag. Wir weisen auf den DüsselPass hin, mit dem man viele Vergünstigungen bekommen kann, oder auch auf die Kulturliste.“ Außerdem ist die Sozialberatung der Tafelausgabe gut vernetzt: „Wir kennen weitere Angebote in den Stadtteilen, aus denen die Besucher*innen kommen – günstige Einkaufsmöglichkeiten, Foodsharing-Standorte oder auch andere Einrichtungen, die weiterhelfen können.“

Viele Menschen haben Angst vor dem Winter

Die steigenden Energiekosten sieht auch Trucionyte kritisch. Es gibt die Energiesparberatung der Caritas, die oft mit einem Stand vor Ort in der Tafelausgabe ist, um gleich dort zu beraten und auch Termine zu vereinbaren, damit die Berater*innen in den Wohnungen gezielt nach Einsparpotenzialen schauen könnten. „Viele Menschen bei uns haben mit Ängsten vor dem Winter zu kämpfen. Sie fürchten, die Heizkosten nicht bezahlen zu können. Eine ältere Dame erzählte mir, dass sie schon jetzt damit begonnen habe, nicht mehr täglich zu duschen, um Strom- und Wasserkosten zu sparen“, ergänzt sie.

Mehr geht einfach nicht

Auch bei Ulrike K. macht sich ein mulmiges Gefühl breit, wenn sie an den Winter denkt: „Vor der kalten Jahreszeit gruselt es mich. Wir haben im Winter immer nur 19 Grad in der Wohnung. Ich habe nicht viele Möglichkeiten, an den Energiekosten zu drehen, denn meinen Nebenkosten sind bereits sehr niedrig. Auch der Energieberater hat mir bestätigt, dass ich beim Verbrauch im unteren Bereich liege. Mehr geht einfach nicht.“

*Name von der Redaktion geändert