Rund um das Thema Alter und Altern gibt es viele Fragen - von Betroffenen selbst oder deren Angehörigen. Sozialpädagogin Karen Veit berät seit über 20 Jahren rund um die Themen Alter und Pflege - auch telefonisch an der Beratungshotline der Diakonie. Im Interview erklärt sie, weshalb ältere Menschen sich oft zu spät Hilfe suchen, welche Hilfen es für Angehörige gibt und warum viele Betroffene unwissentlich Geld verschenken.
Frau Veit, mit welchen Anliegen wenden sich Menschen an Sie?
Mit Fragen und Wünschen rund um das Thema „Älterwerden“. Es geht beispielsweise um Fragen zu Vollzeitpflegeplätzen in unseren Seniorenheimen oder um eine gute Versorgung zu Hause. Es kommt vor, dass in einer Einrichtung kein Platz frei, im benachbarten Stadtteil aber schon. Da kann ich vermitteln. Das ist auch die Idee der Beratungshotline: eine Schnittstelle zu sein für alle Angebote der Diakonie rund um das Thema Leben im Alter. Wir bieten Information, Unterstützung und Beratung an. Wir helfen bei der Suche nach dem passenden Angebot. Denn angesichts der vielen Möglichkeiten und der komplizierten Rechts- und Finanzierungslage ist es für Betroffene oft nicht leicht, sich zurechtzufinden. Manchmal müssen auch schnell Lösungen gefunden werden – wenn pflegende Angehörige beispielsweise selbst erkranken.
Wo herrscht außerdem Beratungsbedarf?
Oft brauchen pflegende Angehörige erstmal ein offenes Ohr, um ihre Nöte und Sorgen loszuwerden. Angehörige, die einen Menschen pflegen, sind oft in einer schwierigen Situation, auch innerhalb der Familie. Da braucht es ein gutes Wort und ein unterstützendes Gespräch um wieder Kraft zu schöpfen. Darüber hinaus benötigen Menschen, die an sich selbst oder einem Angehörigen eine demenzielle Veränderung bemerken Rat und Hilfe. Bei diesem Thema steht meist die Angst im Vordergrund, wie sich die Krankheit entwickelt. Im ersten Gespräch hilft es oft, den Menschen die Sorge zu nehmen und dann eine spezielle Beratung und Unterstützung zu vermitteln: wie etwa durch das Kompetenzzentrum Demenz in Gerresheim, durc Wohngemeinschaften für Betroffene, aber auch durch unsere zentren plus in den Stadtteilen. Einige Betreuungsangebote werden auch von Krankenkassen finanziert, was viele gar nicht wissen. Überhaupt besteht häufig ein Anspruch auf Entlastungs- und Betreuungsleistungen, die nicht genutzt werden. Betroffene und deren Angehörige verschenken Gelder, weil sie nicht wissen, wie sie Leistungen abrufen können. Überhaupt ist das Beantragen von Pflegeleistungen oft eine Herausforderung, weil Betroffene nicht gerne über ihren Unterstützungsbedarf sprechen. Da braucht es eine gute Beratung, um Menschen zu helfen, mit der neuen Situation umzugehen und um die vielen unterschiedlichen Leistungen zu sortieren.
Bis zu welchem Pflegegrad ist es möglich, jemanden zu Hause zu pflegen?
Das kommt auf die Art des Pflegebedarfes und das Krankheitsbild an. Prinzipiell in allen Pflegegraden. Manchmal ist es allerdings für Pflegebedürftige und Angehörige ratsam, eine stationäre Pflege auch in Betracht zu ziehen. Leider lassen sich aber noch immer viele Angehörige davon leiten, was Nachbarn denken mögen, wenn sie Vater oder Mutter in einer stationären Einrichtung betreuen lassen. Das hat für manche einen faden Beigeschmack, selbst wenn es für alle Beteiligten die beste Lösung ist. Man muss sich auch klarmachen: Bei der ambulanten Pflege sind Fachkräfte ja nur eine bestimmte Zeit bei Pflegebedürftigen zu Hause, um medizinische und pflegerische Aufgaben zu übernehmen. Viele Pflegebedürftige genießen die Gemeinschaft in unseren Einrichtungen und die vielfältige Ansprache – und die kann in einem Seniorenheim mehr gegeben sein als zu Hause. Ein guter Kompromiss ist häufig die Tagespflege. Hier verbringt der Pflegebedürftige den Tag in Gemeinschaft und wird abends und nachts zu Hause betreut.
Was raten Sie, wenn jemand schwerstpflegebedürftig ist?
In einigen Fällen ist eine Versorgung durch die ambulante Pflege möglich. Das setzt voraus, dass Angehörige oder eine andere Person rund um die Uhr vor Ort sind. Letztlich versuche ich in der Beratung immer ein Gespür dafür zu entwickeln, was Pflegebedürftige und Angehörige brauchen und welche Hilfe sie annehmen möchten. Klar ist aber auch: Ambulante Pflege kann ganz viel, stößt jedoch manchmal an Grenzen, wenn sich Angehörige und Pflegebedürftige mehr erhoffen, als Fachkräfte vor Ort leisten können.
Bieten Sie über die telefonische Beratung hinaus auch persönliche Gespräche vor Ort an?
Ja, das ist möglich. Im Bedarfsfall besteht die Möglichkeit eines Hausbesuches, entweder durch Mitarbeitende der Hotline oder der Abteilung Hilfe zu Hause. Dies vor allem dann, wenn eine umfassende Beratung zum Thema Pflege zu Hause angefragt wird. Ich vermittle Ratsuchende zudem an Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in unseren Einrichtungen.