Gesundheit ist selbstverständlich. Bis man sie nicht mehr hat. „Wenn du dann noch wenig Geld hast, wird’s schwierig“, sagt Joachim Meier, regelmäßiger Gast in der Tagesstätte Shelter.
Je ein Teller mit belegten Häppchen und einem aufgespießten Rollmops sowie Schüsselchen voller Joghurt, Honig oder Wassermelone tummeln sich zwischen Kaffeetassen und Gläsern mit frisch gemixter Bananenmilch auf einem kleinen Tisch im Shelter. Daran sitzen Hans-Peter Häusler* und Joachim Meier*, der in aller Ruhe ein hartgekochtes Ei schält. „Das Essen ist lecker hier. Wichtiger ist aber das Drum-Herum. Hier kriegst du mehr. Die Leute schauen dich an und reden mit dir“, sagt er.
Kai Lingenfelder, Leiter des Gesundheitsprojekts gesund.zeit.raum für wohnungslose und arme Menschen, weiß genau, was Joachim Meier meint: „Hier bekommen die Gäste nicht nur Lebensmittel, sondern ein liebevoll hergerichtetes Frühstück, Ruhe und Gesellschaft.“ Beim wöchentlichen gesunden Frühstück im Shelter, einer von drei Tagesstätten für wohnungslose Menschen der Diakonie, gibt es dieses Stückchen Normalität, ein Miteinander in angenehmer Atmosphäre und das Gefühl dazuzugehören. Diese sozialen Aspekte besitzen für die Besucherinnen und Besucher einen ähnlich hohen Stellenwert, wie physische und psychische Beschwerdefreiheit. Und beides fehlt im Alltag, was thematische Studien und die wissenschaftliche Begleitung des Projekts durch die Hochschule Düsseldorf belegen.
Demnach sind Menschen ohne Wohnung statistisch öfter krank, als Menschen mit festem Wohnsitz. Häufig sind mangelnder Schutz gegenüber der Witterung, schlechte Ernährung und gesellschaftliche Ablehnung der Grund. Die fehlende Möglichkeit, sich körperhygienisch auf Arztbesuche vorzubereiten, Scham oder eine fehlende Krankenversicherung können eine Genesung verzögern oder sogar verhindern.
Es gilt das Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu stärken
Bedürfnisgerechte ärztliche Versorgung ist deshalb Baustein von gesund.zeit.raum, der die Begleitung durch die Sozialarbeit ergänzt. Langfristig soll die Wirkung des Projekts allerdings über medizinische Grundversorgung hinausgehen. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende helfen den Gästen ihr Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu stärken, wieder Mut zu finden, für das eigene Wohlbefinden einzutreten und einen Weg zurück in die Regelsysteme der Gesundheitsversorgung einzuschlagen.
Ermöglicht wurde das Projekt durch eine großzügige Spende des forschenden Pharmaunternehmens Janssen-Cilag GmbH, der Pharmasparte des weltweit agierenden Gesundheitsunternehmens Johnson & Johnson, das auch regelmäßig Mitarbeitenden erlaubt, ihren Arbeitsplatz temporär gegen einen Platz hinter der Theke des Shelters einzutauschen. „Wir machen aber nicht nur Frühstück hier. Wenn Zeit ist, setze ich mich immer zu den Gästen. Die haben so viel zu erzählen und eine andere Sicht auf so vieles“, erzählt eine Freiwillige.
Und gerade dieses ehrliche Interesse ist ein Grund, warum ein Mensch wie Joachim Meier immer wieder gerne zum Gesunden Frühstück kommt. Da ist jemand, der ihm zuhört, wenn er mit leiser Stimme über seine künstlerische Tätigkeit oder die Freude am Gitarrespielen erzählt, während er seinen Obstsalat auslöffelt. „Es ist einfach gut hier“, findet er.