Arbeiten im Offenen Ganztag

Kein Tag ist wie der andere

Nina Sarau vor Ort in einer Schule

Nina Sarau arbeitet seit 16 Jahren bei der Diakonie im Bereich der Offenen Ganztagsschulen. Angefangen hat sie als Koordinatorin und Einrichtungsleitung einer OGS (Offene Ganztagsschule) in Hassels. Seit Mai 2017 ist sie Sachgebietsleitung für den Bereich Ganztagschule und für die Standorte im Düsseldorfer Norden zuständig. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, was die Arbeit im Offenen Ganztag ausmacht und welche Qualifikationen und Fähigkeiten es dafür braucht. Ein Interview.

Welche berufliche Qualifikation haben Sie in Ihren Anfängen für die Arbeit in den OGS mitgebracht?

Ich bin Diplom-Pädagogin. Während des Studiums habe ich regelmäßig in einer OGS gearbeitet. Das Konzept der Offenen Ganztagsschulen befand sich zu der Zeit im Aufbau und das fand ich ganz spannend. Die Diakonie Düsseldorf suchte damals für einige Standorte Mitarbeitende, da diese Schulen ganz neu in den Ganztag starteten.

Was hat Sie an der Arbeit in der Schule begeistert?

Es war natürlich die Arbeit mit Grundschulkindern, die mir großen Spaß gemacht hat. Sie im schulischen Kontext zu begleiten, aber eben auch genau da, wo Lehrkräfte nicht mehr zuständig sind. Die Unterstützung bei den Hausaufgaben und dann natürlich die Freizeitgestaltung im Anschluss daran. Da, wo die Lehrer aber den Fokus eher auf das Lernverhalten legen, geht der Blick der pädagogischen Mitarbeiter*innen noch weiter und hat z.B. auch die emotional-soziale Entwicklung mehr im Blick.

Sie arbeiten seit vielen Jahren in der OGS. Hat sich von damals zu heute etwas grundlegend verändert?

Ja, die OGS hat sich etabliert, und das Angebot ist an vielen Stellen qualitativ besser geworden – die Struktur, die Rahmenbedingungen. Aber auch inhaltlich hat sich viel getan, heute sind wir zum Beispiel im Bereich Kinderschutz sehr gut aufgestellt. Die Einrichtungsleitenden haben mehr Verantwortung und mehr Einblicke. Aber auch die Kinder haben sich verändert. Coronageschuldet waren viele Kinder nicht oder wenig in der Kita. Dort lernen sie aber u.a. sozialen Umgang oder auch Konfliktfähigkeit. Deshalb bringen diese Kinder als Schulkinder bei diesen Fähigkeiten Defizite mit.

Es passiert immer sehr viel und meistens nicht das, was man sich vorgenommen hat.

Was macht die Arbeit an einer OGS aus?

Das ist zum einen die Zusammenarbeit in einem multiprofessionellen Team aus Kolleg: innen, Lehrkräften, Schulsozialarbeit und verschiedenen Bildungsanbietern. Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Elternarbeit und natürlich nicht zuletzt die Arbeit mit den Kindern. Für sie tragen wir Verantwortung, sie begleiten wir durch den Tag, für sie fungieren wir als Ansprechpartner: innen. Kein Tag ist wie der andere. Es passiert immer sehr viel und meistens nicht das, was man sich vorgenommen hat (lacht).

OGS funktioniert in 2 Systemen. Können Sie das erläutern?

Es gibt Ganztagsklassen, bei denen die Gruppenleitungen in Vollzeit arbeiten. Die Klasse bildet die OGS-Gruppe, die durch den ganzen Tag begleitet wird – dabei agiert die Gruppenleitung im Tandem mit der/dem zuständigen Klassenleiter:in. Die Gruppenleitungen sind von morgens an über den gesamten Tagesablauf bis zum Schulende eingebunden. Das Schlüsselwort dafür ist „Rhythmisierung“. Der Unterricht wird über den gesamten Tag verteilt, damit sich Phasen von Anspannung und Entspannung abwechseln können. Zwischen dem Unterricht findet zum Beispiel ein Bildungsangebot (sportliche oder kreative Angebote, wie zum Beispiel Yoga, Theater usw.) statt oder eine freie Phase im Gruppenraum, bevor die Kinder dann wieder Unterricht haben. Mittags gibt es dann das Mittagessen im Rahmen des pädagogischen Mittagstischs und ggf. ein offenes Angebot. Die Unterrichtsstunden weiten sich somit auch auf den Nachmittag aus.

Was sieht das andere Modell aus?

Das andere System ist das additive Modell: Die Kinder kommen aus dem vormittäglichen Unterricht, dann findet erstmal der pädagogische Mittagstisch oder die Lernzeit  statt. Am Nachmittag sind dann verschiedene Bildungsanbieter vor Ort, die sportliche oder kreative Aktivitäten anbieten, oder es findet z.B. begleitetes Freispiel drinnen und draußen statt. Die Abfolge ist klar vorgegeben: Unterricht, Mittagessen/Lernzeit und nachmittags dann Bildungsangebote, Freispiel oder Angebote der Gruppenleitungen. Im Moment gibt es noch mehr additive Gruppen, aber immer mehr Schulen entscheiden sich für das Konzept der Ganztagsklassen, hinter dem auch wir stehen.

Wie gestalten die Gruppenleitungen die Ferien?

Für die Hälfte der Ferien organisieren die OGS-Mitarbeitenden ein Ferienprogramm für die Kinder, das zu einem bestimmten Thema organisiert wird. Die Planung und Durchführung des Ferienprogramms empfinden die meisten Kolleg:innen als Highlight: Dann sind  die Kinder den ganzen Tag da und die Erzieher: innen können z.B. auch größere Projekte planen. In der Regel sind weniger Kinder dabei als während der Schulzeit. Das schafft größere Freiräume.

Viele der OGS-Mitarbeitenden arbeiten schon sehr lange bei der Diakonie. Was meinen Sie, warum ist das so?

Das stimmt, wir haben viele Mitarbeitende, die schon lange dabei sind. Es kommen natürlich immer wieder neue dazu, aber wir haben auch Kolleg:innen, die schon seit 20 Jahren im Job sind, weil sie überzeugt sind von der Arbeit bei uns und deshalb bleiben. Uns ist wichtig, dass sich die OGS-Mitabeitenden in den Teams wohlfühlen und dort auch Rückhalt genießen.

Welche Qualifikationen braucht es, um in der OGS zu arbeiten?

Grundsätzlich haben wir in Düsseldorf ein Fachkräftegebot, das heißt man muss eine pädagogische Ausbildung haben, um in der OGS als Gruppenleitung zu arbeiten. In Einzelfällen weichen wir von diesem Gebot auch ab, wenn Mitarbeitende beispielsweise schon als Ergänzungskräfte bei uns gearbeitet haben und Erfahrungen sammeln konnten. Hier kommen wir mit den betreffenden Kolleg:innen immer wieder in das Gespräch zum Thema „Ausbildung zum/zur Erzieher:in“. So haben in der Vergangenheit schon einige Mitarbeitende den Weg in die Ausbildung gefunden. Grundsätzlich müssen OGS-Mitarbeitende mit Kindern umgehen können und eine Vorstellung davon haben, wie die Zusammenarbeit an einer Schule und in einem Team ist. Natürlich gehört auch die Arbeit mit den Eltern dazu. Wir selbst bieten über unser Fortbildungsinstitut auch viele Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung an.

Man hat also auch als Quereinsteiger Chancen, in der OGS zu arbeiten?

Ich erzähle immer gerne die Geschichte von einem Kollegen, der eigentlich einmal LKW-Fahrer war. Beim Befördern von Schulkindern zu einer Förderschule merkte er, dass ihm der Kontakt zu Schulkindern Freude machte, und so wurde er Schulbegleiter. Im Rahmen der Schulbegleiter-Tätigkeit bekam er Kontakt zur OGS und konnte sich vorstellen, dass das vielleicht ein Beruf für ihn sein könnte. Er hat dann als Ergänzungskraft bei uns angefangen. Nachdem er seinen Realschulabschluss nachgeholt hatte, begann er eine Ausbildung zum Erzieher bei uns im Ganztag. Der Lebenslauf muss also nicht gerade sein, wenn man in der OGS arbeiten möchte.

Welche Fähigkeiten sollte man mitbringen?

Man sollte in der Lage sein, Struktur in eine Gruppe zu bringen und den Tagesablauf zu organisieren. Natürlich auch als Bezugsperson der Kinder deren Bedürfnisse erkennen und entsprechend pädagogisch handeln. Eine gute Kommunikationsfähigkeit ist genauso wichtig wie auch im größten Stress Ruhe zu bewahren und den Überblick zu behalten. Empathie und Teamfähigkeit braucht man ebenfalls für die Arbeit in der OGS – und man muss sich gut vernetzen können, damit man in einem multiprofessionellen Team zurechtkommt.

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