Diagnose Demenz

Was Betroffene und ihre Angehörigen jetzt brauchen

Britta Keil leitet das Kompetenzzentrum Demenz der Diakonie Düsseldorf in Gerresheim. Sie berät und begleitet alle, die Fragen rund um das Thema Demenz haben – Betroffene, Angehörige und Interessierte.

Frau Keil, wie können Sie einem Menschen, der gerade erfahren hat, dass er eine Demenz hat, weiterhelfen?

Ich höre mir zuerst an, mit welchen Fragen oder Ängsten dieser Mensch zu mir kommt. Ich nehme ihn ernst, denn Demenz ist eine wirklich schwerwiegende Diagnose. Dann schaue ich, was ich für den Betroffenen tun kann. Denn sein Leben kann trotz dieser Diagnose weiterhin erfüllt sein. Es gibt viele Angebote, die so lange wie möglich für ein selbstständiges Leben sorgen. Dabei stehe ich beratend zur Seite.

Wie gehen Sie dabei vor?

Zunächst mache ich mir ein genaues Bild von der Person und ihrer Lebenssituation. Denn so individuell die Person ist, mit der ich zu tun habe, genauso individuell ist ihr Umgang mit der Demenz. Mitunter melden sich Menschen bei mir, bei denen die Demenz schon in relativ jungen Jahren auftritt, wenn der Betroffene vielleicht noch im Berufsleben steht. Dann ist es wichtig zu schauen, ob es beim Arbeitgeber alternative Einsatzmöglichkeiten für den Betroffenen gibt oder ob Frührente ein Thema ist.

Für Menschen, deren Demenz noch in einem sehr frühen Stadium ist, gibt es ein spezialisiertes Gruppenangebot in Düsseldorf, das bei Nina Becker vom ASB verortet ist. An sie würde ich solche Betroffene dann zum Beispiel vermitteln.

Betreuungsgruppen und Tagespflegen sind ebenfalls sehr gute Angebote. Menschen in einem sehr frühen Stadium der Demenz können hier aber mit Angst und Widerstand reagieren, wenn sie Menschen in einem fortgeschrittenen Stadium erleben. Eine gute Beratung erfordert viel Feingefühl.

Und wie sieht Ihre Beratung für Menschen aus, deren Demenz schon weiter fortgeschritten ist?

Hier spreche ich in erster Linie mit den Angehörigen, weil diese Betroffenengruppe meist nicht mehr selbst anrufen kann. Wichtig ist mir, die Person mit Demenz in ihrer Ganzheit zu sehen: Was braucht sie? Ich frage ihre Angehörigen meistens nach den Dingen, die sie gerne macht, nach Hobbies und dergleichen. Es gibt wunderbare Kreativangebote, bei denen sich Menschen mit Demenz ganz anders ausdrücken können und Spaß dabei haben. So ein Angebot ist zum Beispiel der Raum D der Künstlerin Corinna Bernshaus.

Außerdem suche ich nach ehrenamtlichen Angeboten wie zum Beispiel „DA für dich“. Dieser häusliche Besuchsdienst kann zusätzlich zu dem Besuch einer Betreuungsgruppe – oder alternativ auch Angehörige – unterstützen: Die geschulten Helferinnen und Helfer besuchen den Menschen mit Demenz, sind Gesprächspartner*innen, lesen vor, hören zu und bieten individuelle Beschäftigungsmöglichkeiten an, wie zum Beispiel Spaziergänge oder Café-Besuche. Die Betroffenen und die sie umsorgenden Angehörigen sollten ohnehin in ein gutes Unterstützungsnetz eingebunden werden: Menschen mit Demenz brauchen Gesellschaft und die Angehörigen Entlastung. In Düsseldorf gibt es mit dem trägerübergreifenden Demenznetz Düsseldorf ein fantastisches Versorgungsnetzt für Menschen mit Demenz.

Und wie können Sie Angehörige wie Kinder, Enkel oder (Ehe-) Partner*innen unterstützen?

Ich sage gerne: Demenz ist eine Familiendiagnose. Alle Mitlieder einer Familie sind von dieser Diagnose betroffen. Der Mensch mit Demenz vergisst irgendwann, dass er vergisst, aber die Angehörigen nicht. Für sie bleibt die Krankheit eine stetige Herausforderung. Die Angehörigen müssen sich nicht nur von ihrer angestammten Rolle verabschieden und eine neue Rolle einnehmen: Manchmal kommt es sogar zu einem Rollentausch. Die Diagnose einer Demenzerkrankung stellt eine große Belastung dar und wirft viele Fragen auf. Es ist nicht einfach, mit den eintretenden Veränderungen umzugehen und gleichzeitig die persönlichen Grenzen nicht zu überschreiten.

Was raten Sie Angehörigen?

„Lassen Sie sich unbedingt helfen; versuchen Sie nicht, alles alleine zu stemmen“ – das ist mein Credo für Angehörige. Einen dementen Menschen zu betreuen, ist eine Herausforderung, die oft unterschätzt wird. Viele Angehörige scheuen sich Hilfe anzunehmen – aus Scham oder aus falsch verstandener Loyalität. Der Ehemann einer demenziell veränderten Frau sagt dann: „Ich habe vor 40 Jahren versprochen, dass wir zusammenhalten und alles gemeinsam schaffen.“ Aber das hat er versprochen, als er jung und gesund war. Es gibt Fälle, da gehen die Angehörigen früher in die Knie als der Mensch mit Demenz. Das gilt es unbedingt zu vermeiden.

Welche konkreten Hilfen gibt es in Düsseldorf?

Betreuungsgruppen sind zum Beispiel ein gutes Angebot: Sie werden für jeweils drei Stunden am Vormittag oder am Nachmittag angeboten. Dadurch erhalten pflegende Angehörige ein paar Stunden Freiraum von ihrer anspruchsvollen Aufgabe. Gleichzeitig wird der Mensch mit Demenz individuell beschäftigt und gefördert. Der Ablauf der Betreuungsgruppen ist durch Rituale geprägt, die Ruhe und Sicherheit geben. Das Gruppenerlebnis hilft aus der Isolation und verbessert das Wohlbefinden.

Auch die Tagespflege ist ein gutes Angebot, damit Menschen mit Demenz so lange wie möglich zuhause wohnen können. Tagsüber sind sie gut betreut und abends wieder zuhause. Auch das schafft Freiraum für pflegende Angehörige.

Im Kompetenzzentrum Demenz selbst gibt es auch sehr gute Angebote für Angehörige, beispielsweise den „Führerschein durch die Vergesslichkeit“ – eine Kursreihe, in der Angehörige lernen, besser mit der Demenz umzugehen und sich selbst abzugrenzen, aber auch, was es an Vorsorgeangeboten gibt.

Was ich den Angehörigen ebenfalls empfehle, ist unsere Dienstagsrunde. Das ist ein Gesprächskreis, in dem sich die Angehörigen untereinander austauschen können.

Und weil die Kommunikation mit demenziell veränderten Menschen herausfordernd sein kann, gibt es unseren Demenzknigge – ein guter Leitfaden in Sachen Dialog.


Weitere Informationen

Unsere Angebote für Menschen mit Demenz 

Tagespflege

Wir holen Sie morgens ab und betreuen Sie den Tag über. Für nette Gesellschaft sorgen wir ebenso wie für anregende Beschäftigung - Mahlzeiten inklusive.

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zentren plus

Wenn Sie gerne Menschen aus Ihrem Stadtteil kennen lernen möchten, wenn Sie gemeinsam mit anderen Menschen aktiv werden oder sich engagieren wollen, dann sind Sie in den zentren plus der Diakonie Düsseldorf richtig.

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Unsere Demenz-WGs

In unseren seniorengerechten Wohngemeinschaften der Diakonie Düsseldorf entscheiden Sie selbst, wie Sie wohnen oder Ihren Alltag gestalten möchten.

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