Heute bin ich die Erste in der Gruppe. Drei Kinder wurden schon beim Frühdienst abgegeben. Ich decke gemeinsam mit den Kindern den Tisch und bereite den Gruppenraum vor. Dann koche ich mir einen Kaffee und setze mich mit den Kindern an den Tisch, damit sie frühstücken können. Ich mag diese erste halbe Stunde, in der ich mit den Kindern alleine bin und noch nicht viele Kinder da sind, sehr. Dann geht der normale Alltag los. Das Telefon, das mit der Türsprechanlage verbunden ist, klingelt immer wieder und die Kinder trudeln nach und nach ein. Eins der Eingewöhnungskinder hat heute besonderen Trennungsschmerz. Das Mädchen versteckt sich hinter ihrem Vater und möchte nicht in den Gruppenraum kommen. Ich rede ihr ein bisschen gut zu und nach einer Weile lässt sie sich an der Hand nehmen. Ich setze mich an den Maltisch und frage sie, ob sie sich auf meinen Schoß setzen möchte. Sie nickt.

Ich frage sie, ob sie etwas basteln möchte. Sie sucht sich auf Pinterest ein herbstliches Bild mit einem gefalteten Regenschirm und ausgeschnittenen Blättern in Herbstfarben aus. Wir falten gemeinsam den Schirm und sie klebt ihn auf ein kleines Blatt. Dann darf sie selbst den Stiel malen, während ich die Herbstblätter auf buntes Tonpapier male. Wir schneiden die Herbstblätter zusammen mit einer Helferschere aus und sie klebt sie auf das Blatt. Dann darf sie ihr Bild noch mit Glitzer verzieren. Ein kleiner Pulk von Kindern hat sich um mich versammelt, die ebenfalls ein Herbstbild machen möchten. Also bastele ich den ganzen Vormittag mit den Kindern, was sich gut anbietet, weil das Wetter heute sowieso sehr schlecht ist.

Beim Mittagessen sagt ein Kind zu mir: „Frau Gehse, weißt du was?“ „Was denn?“ „Du bist die Allerbeste, ich hab dich sooo lieb." Solche Momente zeigen mir immer wieder, warum ich gerne mit Kindern arbeite. Sie geben einem so viel zurück. Ich lese heute die Mittagsgeschichte vor, während meine eine Kollegin die Kinder schlafen legt und die andere Pause macht. Der Nachmittag vergeht schnell. Ich bastele noch mit ein paar Kindern, habe oft unser jüngstes Kind, das noch keine zwei Jahre alt ist, auf dem Schoß, da es noch viel körperliche Nähe sucht. Ich bringe dem Mädchen bei, meinen Namen zu sagen. „Gehse“, sagt sie mit ihrer Piepsstimme. Sie kommuniziert schon sehr viel in Einwortsätzen und mit ihrer Mimik und ich habe das Gefühl, dass sie alles versteht was ich sage. Dann habe ich auch schon Feierabend.

Als ich am Morgen reinkomme, begrüßen mich einige Kinder freudig. „Du siehst schön aus“, sagt mir ein Kind. „Danke, du auch“, sage ich. Die Kinder geben uns immer bereitwillig Komplimente. Ihnen fällt auf, was wir anhaben und besonders interessieren sie sich für meinen Schmuck. „Hast du eine neue Kette?“, fragt mich ein Kind. Ich bejahe. „Hat die dir deine Mama geschenkt?“, fragt das Kind weiter. „Oder dein Freund?“, fragt ein Anderes. Mir fällt immer wieder auf, wie aufmerksam Kinder sind. Oft viel aufmerksamer als Erwachsene. Nach dem Frühstück bringe ich das Geschirr in die Spülmaschine und wische die Tische ab. Danach spiele ich "Tempo Tempo Kleine Schnecke" mit ein paar jüngeren Kindern. Vor dem Rausgehen wickele ich die Wickelkinder und Decke den Tisch für das Mittagessen ein.

In der Garderobe helfen wir den Kindern sich wetterfest anzuziehen. im Winter dauert das Anziehen oft eine viertel Stunde. Die Kinder freuen sich heute besonders rausgehen zu können, weil wir gestern nicht rausgehen konnten. Ich freue mich auch. Ich tausche mich mit meinen Kolleginnen über anstehende Termine aus. Zum Beispiel haben wir bald eine Gesundheitswoche, in der wir den Kindern gesunde Ernährung näher bringen wollen. Wir beraten uns, welche Angebote wir mit den Kindern durchführen könnten und entscheiden uns, gesundes Brot zu backen, da die Kinder oft nur weißes Toastbrot dabei haben. Außerdem wollen wir Milchschnitten mit Quark und Honig selbst machen und ein gesundes Frühstück mit den Kindern veranstalten. Die Backzutaten wollen wir mit den Vorschulkindern gemeinsam einkaufen.

Nach dem Mittagessen lege ich die Kinder heute schlafen. Ein Kind will eine halbe Stunde lang nicht einschlafen und schaut mich mit großen Augen an. Schließlich frage ich es, ob es zu mir auf die Couch kommen will. Es kommt freudestrahlend und schläft nach einigen Sekunden friedlich in meinen Armen ein. Nachmittags schneide ich zum Snack Birnen, Äpfel und Bananen für die Kinder auf und wir gehen dann wieder raus. Um 16 Uhr ist meine Arbeitswoche auch schon um, weil ich am Donnerstag und Freitag Schule habe.

Nach dem ich eine Woche krank war begrüßen die Kinder mich freudig. Ich werde gefragt, wo ich und wieso ich so lange nicht in der Kita war. Ich freue mich die Kinder wiederzusehen, aber habe heute selber nicht so gute Laune. Bin ich selber positiv und gut drauf, fällt mir die Arbeit um einiges leichter. Ich habe Spaß mit den Kindern und genieße die Zeit mit ihnen. Die Arbeit ist um einiges anstrengender und stressiger, wenn man sich selbst nicht gut fühlt. Jede Arbeit mit Menschen erfordert viel Auseinandersetzung mit sich selbst, damit sie langwierig Spaß macht. Heute bin ich froh, als der Tag vorbei ist.

Nachdem ich mir einen entspannten Nachmittag gemacht habe, bin ich am Dienstagmorgen wieder sehr gut drauf. Ein Vorschulkind weint bitterlich, als es sich von seiner Mutter verabschiedet. Das Mädchen ist sehr emphatisch und sensibel und bricht über den Tag meist öfters in Tränen aus. So weint sie zum Beispiel auch, wenn andere Kinder weinen. Sie steigert sich oft so in ihre Traurigkeit hinein, dass sie fast hyperventiliert. Ich setze mich mit ihr auf die Couch und lege ihre Hand auf ihren Bauch, damit sie tief in ihren Bauch atmet und sich etwas beruhigt. Nach einer Weile wird sie tatsächlich etwas ruhiger. Ich lese ihr ihr Lieblingsbuch vor „Barbie als Rockstar“.

Heute leite ich den Morgenkreis. Wir starten wie jeden Tag mit einem Begrüßungslied, dann darf ein Kind die Kinder zählen. Daraufhin besprechen wir gemeinsam welcher Tag heute ist und ein Kind darf das Datum am Holzkalender ändern. Heute bespreche ich mit den Kindern ebenfalls die Jahreszahl, weil sie bis jetzt nur die Tage und Monate kennen. In einem Gesprächskreis besprechen wir wie viele Monate es gibt und welches Fest zum Jahresende den Jahreswechsel einläutet. Daraufhin darf sich ein jüngeres Kind ein Fingerspiel aussuchen und ein älteres Kind ein Abschlussspiel. Zum Mittagessen gibt es heute Nudeln und die Kinder freuen sich sehr, weil Nudeln eigentlich fast allen schmecken. Den Nachmittag verbringen wir wieder draußen und da schönes Wetter ist dürfen die Kinder mit den Fahrzeugen fahren. Darüber freuen sie sich immer besonders.

Nach dem Frühstück spiele ich mit einigen Kindern ein Spiel mit Karten auf denen die unterschiedlichen Berufe abgebildet sind. Ich frage die Kinder was sie später einmal werden möchten. Dem empathischen Vorschulkind sage ich, dass es ja später gut etwas mit Menschen machen könne, weil es so emphatisch ist. Daraufhin schaut das Mädchen mich an und sagt: „Weißt du, was ich mal werden möchte?“ „Was denn?“, frage ich. „Erzieherin, so wie du.“