Eine Herzenssache

Familie Vorwerk hat vor 5 Jahren ein Kind mit Behinderung bei sich aufgenommen

Wenn Kinder mit Behinderungen nicht in ihrer Herkunftsfamilie bleiben können, können Sie auch in einer Pflegefamilie leben. Bis vor 20 Jahren war das nicht selbstverständlich, dann begann die Diakonie Düsseldorf erstmals mit der Vermittlung von Kindern mit chronischen Erkrankungen in Pflegefamilien. Heute sind es mehr als 200 Kinder und ihre Pflegefamilien in ganz West- und Nordwestdeutschland, die die Mitarbeitenden der Diakonie Düsseldorf betreuen. Eine davon: Familie Vorwerk vom Niederrhein.

„Ein Anrecht auf das Abendprogramm hat man nicht mehr.“ Michael Vorwerk lacht. Mario (Name geändert) habe ihr Leben natürlich verändert. „Aber das war doch auch vorher klar.“ Vor fünf Jahren haben seine Frau Nadine und er Mario in ihre Familie und ihr Leben aufgenommen. Mario war da zwei – und hatte schon ganz schön viel Gepäck in seinem Lebensrucksack: Ein Gendefekt, der seine Entwicklung verzögert, ein Herzfehler, Nierenprobleme, traumatische Erfahrungen und eine leibliche Mutter, die nicht für ihn sorgen konnte. Für Kinder wie Mario hätte es vor 30 Jahren nur eine stationäre Einrichtung, ein Kinderheim, gegeben. Aber Mario hatte das Glück, in eine liebevolle Pflegefamilie zu kommen.

Keine Berührungsängste

Für die Vorwerks war es eine Herzensangelegenheit. Nadine Vorwerk arbeitete damals in der Verwaltung eines Vereins für Menschen mit Behinderungen. Dort gab es immer wieder Anfragen von Jugendämtern, die Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen suchten – manchmal auch ganz akut. Eines Tages sprach sie dann ihren Mann beim Abendessen an, dass sie das doch eigentlich machen könnten. Und der sagte sofort ja. Vielleicht lag es daran, dass Michael Vorwerk selbst eine Schwester mit Behinderung hat.  „Wir haben keine Berührungsängste“, sagt er.

Die Vorwerks nahmen Kontakt zur Diakonie Düsseldorf auf, einem der wenigen großen Träger, die Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien vermitteln. „Da fühlten wir uns gut aufgehoben“, sagt Nadine Vorwerk. „Wir haben uns intensiv beraten lassen, das Bewerbungsverfahren durchlaufen, und als wir den Anruf erhielten, dass wir als Pflegeeltern genommen werden, kam direkt als zweiter Satz: ,Und wir hätten da auch direkt ein Kind für sie.‘“

Ausweichräume für alle, damit man sich auch mal zurückziehen kann

Seitdem lebt Mario bei den Vorwerks. Sie haben einiges in ihrem Leben umgestellt – Nadine Vorwerk ist erst einmal zu Hause geblieben, denn es braucht Zeit und viel Zuwendung, bis ein Kleinkind in der neuen Familie ankommt. Und bei einem Kind mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung auch viel Zeit für Ärzte und Therapien. Sie haben das Haus so aufgeteilt, dass die größeren, leiblichen Kinder ihr Reich im ersten Stock haben, und die Eltern mit Mario ihre Zimmer im Erdgeschoss haben, so dass sie selbst nachts in seiner Nähe sind. „Ja, es braucht Geduld und Platz. Ausweichräume für alle, damit man sich mal zurückziehen kann“, sagt Michael Vorwerk. „Und zwei Autos sind zumindest auf dem Land auch hilfreich, wenn einer zur Arbeit muss und der andere zur Therapie oder zu den Fachärzten nach Kleve oder Köln.“

Die leiblichen Kinder waren in die Entscheidung eingebunden

Aber wenn man sich auf das Abenteuer Pflegekind einlasse, dann bekomme man auch ganz viel zurück. Mario geht seit diesem Jahr zur Schule und wie er sich bisher entwickelt habe sei wirklich toll.  Aus ihrem Umfeld habe es viel Unterstützung gegeben, nicht nur von der Diakonie, auch von Freunden und von Ämtern, die Mario zum Beispiel ohne großes Zögern ein Jahr von der Einschulung zurückstellten, weil er noch Zeit brauchte. Vor allem aber auch von ihren leiblichen Kindern. „Die haben wir natürlich in die Entscheidung eingebunden“, sagt Nadine Vorwerk. „So was macht man nur als ganze Familie.“ Und es ist immer noch eine Herzensangelegenheit. So sehr, dass Nadine Vorwerk sagt: „Ich würde es immer wieder machen. Und vielleicht nehmen wir ja auch noch ein Kind auf. Abgeschlossen haben wir damit jedenfalls noch nicht.“

Wie man Pflegeeltern wird und wie die Diakonie dabei unterstützt und begleitet, dazu mehr auf www.werdet-pflegeeltern.de

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