Die Tatkräftige

Viele Menschen scheuen einen Umzug ins Pflegeheim. Monika Straub nicht. Sie plante den Einzug bereits, als sie noch gut alleine zurechtkam.

Monika Straub hat ihre Angehörigen immer im Blick. Die Gemälde, auf denen unter anderem ihr Vater zu sehen ist, stammen von ihrem Großvater Wilhelm Schmurr. Er war Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie. Monika Straub hat die Gemälde liebgewonnen, sie gehören zu den wenigen Dingen, die sie aus ihrem alten mit in ihr neues Zuhause genommen hat. Ihr neues Zuhause ist das Dorothee-Sölle-Haus in Oberkassel. Eines der acht Pflegeheime der Diakonie Düsseldorf.

Straub war 83 Jahre alt, als sie merkte, dass sie ihre Wohnung über kurz oder lang würde verlassen müssen. Damals kam sie noch fast alleine klar, aber gesundheitlich ging es ihr nicht sehr gut. Straub hat eine Gehbehinderung und der Weg über die Treppe in ihre Wohnung in der zweiten Etage fiel ihr zunehmend schwer. „Das Haus war nicht altersgerecht“, sagt sie „Außerdem wohnte der Besitzer nicht in Düsseldorf, so dass es schwierig war, Vorschläge zu machen, wie man das ändern könnte.“ Sie beriet sich mit ihrer Schwester und ihrem Neffen. Der erklärte: „Mach dir keine Gedanken, wenn du umziehen möchtest, komme ich, und helfe dir. Du kannst immer anrufen.“ Also vereinbarte Straub einen Besprechungstermin im Dorothee- Sölle-Haus und ließ sich kurzerhand auf die Warteliste setzen. Dass ältere Menschen von sich aus einen Termin im Pflegeheim vereinbaren, ist eher selten.

Akzeptanz und Veränderung

Die meisten Menschen entscheiden sich oft erst für einen Einzug ins Pflegeheim, wenn keine anderen Möglichkeiten bleiben, und häufig auch nur auf Bitten ihrer Angehörigen. Monika Straub ist da anders. „Ich hatte sicher auch meine Schwierigkeiten loszulassen“, sagt sie. „Natürlich hätte ich auch weiterhin lieber eine ganze Etage für mich. Aber man muss akzeptieren, dass sich die Situation nicht ändern wird, und lernen, nach und nach einige Dinge bewusst abzugeben.“ Straub konnte weitestgehend alleine in ihrer Wohnung leben, deshalb hatten andere erst einmal Vorrang. Doch irgendwann kam dann der Anruf: „Wir haben jetzt einen Platz für Sie frei.“

Gemälde an der Wand

 

Ich hatte sicher auch meine Schwierigkeiten loszulassen

Der Lieblingssessel kommt mit

Monika Straub musste ihre Wohnung auflösen, ihr Neffe half ihr dabei, pendelte mehrere Wochenenden zwischen Bremen und Düsseldorf hin und her. „Gemeinsam haben wir dann überlegt, was ich mitnehme und was ich weggebe oder verschenke.“ Mitgenommen hat sie die Gemälde, einen Teil ihrer Schrankwand und ihren alten Lieblingssessel. Abgegeben hat sie unter anderem ihre Bilderbuchsammlung. Straub hat 14 Jahre lang die Don-Bosco- Grundschule mit Montessori-Zweig in Oberkassel geleitet; als sie pensioniert war, hat sie Kindergartenkindern ehrenamtlich vorgelesen. Im Laufe der Zeit hatte sich da einiges an Literatur angesammelt, für die aber im neuen Zuhause der Platz fehlte. „Ich habe dann entschieden, die Bücher an zwei Kindergärten und meine Nichte zu verschenken, die selbst zwei kleine Kinder hat“, sagt sie. „Diese Dinge erinnern an alte Zeiten. Aber sie haben jetzt eine neue Verwendung. Darum trauere ich ihnen nicht nach.“

Die erste Nacht im neuen Zuhause

Und die erste Nacht im neuen Zuhause? „Die war ganz normal“, sagt Straub. „Das war für mich sofort wieder ein Zuhause hier. Ich habe jetzt ein wunderbares Badezimmer, altengerecht. Ich kann immer schellen, wenn etwas ist, tags wie nachts. Und es ist immer etwas los: Wir machen Quiz, Tischkegeln, Geschicklichkeitsübungen, sehen uns Dokumentationen über verschiedene Orte und Länder an und dergleichen mehr. Das sind enorme Dinge für einen alten Menschen, man fühlt sich aufgehoben.“ Auch das Kennenlernen der anderen Bewohner*innen sei schnell gegangen, schneller, als sie sich das vorgestellt habe. „Nach zwei, drei Tagen war ich drin.“ Sicher auch, weil es so viele Angebote gebe, an denen man teilnehmen könne. Straub bietet sogar selbst etwas an: Alle 14 Tage liest sie den anderen Bewohner*innen etwas vor. Und sie schreibt Buchrezensionen für die Kirchenzeitung. So seien ihre Tage ganz gut ausgefüllt. Den Umzug hat sie nie bereut. „Ich wusste ja, dass das auf mich zukommt, nur eben nicht wann. Aber wenn es dann so weit ist, macht man mit.“