30 Prozent Kürzungen bei der Migrationsberatung, sogar 40 Prozent beim Jugendmigrationsdienst: Der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 sieht einen Kahlschlag bei den Hilfen für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte vor. Unverständlich finden dies die Düsseldorfer Migrationsberatungen, die sich im Rahmen eines Aktionstages am 13. September 2023 mit einem direkten Aufruf an die Bundesregierung wenden: Die geplanten Haushaltsmittel müssten aufgestockt werden, um die dringend benötigten Beratungskapazitäten zu erhalten.
„Integration geschieht nicht von alleine, sie braucht Strukturen und Fachleute, die den neu zugewanderten Menschen dabei helfen“, sagt Diakoniepfarrer Michael Schmidt, Sprecher der Liga der Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände. In Düsseldorf bieten fünf Träger der freien Wohlfahrtspflege Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte an. Für Jugendliche bis 27 Jahren ist der Jugendmigrationsdienst zuständig. Die Anliegen sind häufig komplex und existenziell. Die Ratsuchenden sind vielfach ohne professionelle Unterstützung überfordert und nur bedingt selbstständig in der Lage, ihre Anliegen zu lösen. Die Berater*innen helfen unter anderem dabei, Wohnungs- und Jobverluste zu vermeiden oder aufenthaltsrechtliche Fragen zu klären, Betreuungs-, Schul- oder Arbeitsplätze zu organisieren.
Im Jahr 2022 erreichten die Beratungsstellen in Düsseldorf 3449 Ratsuchende mit ihren Familien. Dabei sind der Bedarf und die Beratungszahlen weiterhin steigend. „Die Nachfrage übersteigt bei weitem die Kapazitäten der Beratungsstellen“, berichtet Schmidt. „Wenn wir jetzt diese Hilfen um 30 bis 40 Prozent zurückschrauben müssen, ist das nicht nur eine Katastrophe für die Menschen, denen wir nicht mehr helfen können, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt.“ Für NRW bedeutet die geplante Kürzung den Wegfall von rund 80 Vollzeitstellen in der Migrationsberatung. Etablierte Strukturen wie das Respekt-Coaches-Programm, das in Düsseldorf an vier Schulen mit Programmen zur Prävention und Antidiskriminierungsarbeit tätig ist, muss zum Ende des Jahres durch diese Mittelkürzungen komplett eingestellt werden. Auch die mobile Beratung des Garantiefond Hochschule, die bei der Anbindung und Integration von Zugewanderten in die akademische Aus- und Weiterbildung unterstützt hat, wird Ende des Jahres auslaufen und in Düsseldorf nicht mehr angeboten werden können.
Die Abschaffung von Beratungsstrukturen, die eingewanderte Menschen unter anderem auf dem Weg in Schule, Ausbildung und Beruf unterstützen und begleiten, sei auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in Deutschland nicht nachvollziehbar, sagt Schmidt. „Es ist für uns Verbände und den Berater*innen unverständlich, warum gerade in der Zeit der höchsten Zuwanderung seit der großen Fluchtbewegung nach Ende des zweiten Weltkriegs die wichtigsten Angebote für Geflüchtete und Migrant*innen drastisch reduziert werden und Teilhabe massiv erschwert wird.“