Plötzlich Familie

Wie aus einem Besuch in Düsseldorf ein ganz neues Leben wurde

 

 

Wenn jemand Andrej und Viktoria vor einem Jahr gesagt hätte, dass sie heute Eltern sein und zusammen in Düsseldorf wohnen würden, hätten sie wahrscheinlich verwundert die Augenbrauen hochgezogen und so etwas gesagt wie: „Nie im Leben“. Aber es ist genauso gekommen.

Das Paar, das ursprünglich aus einer Kleinstadt in Rumänien stammt, hat sich über das Internet kennengelernt – doch erst beim Chatten stellte sich heraus, dass beide aus derselben Stadt kommen. Zu dieser Zeit lebte Viktoria mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Rumänien, Andrej arbeitete in London für ein Bauunternehmen. Bei einem Besuch von Andrej in seiner rumänischen Heimat haben sich die beiden dann persönlich getroffen und wurden ein Paar.

Ein Besuch, der alles verändert hat

Letzten Herbst fuhr Viktoria dann mit ihrer Mutter nach Düsseldorf, um den Vater zu besuchen. Dieser lebte zu dieser Zeit mit anderen Menschen aus Rumänien „auf Platte“ in selbstgebauten Wohnbaracken hinter dem Düsseldorfer Amtsgericht. Im Oktober brachte das Amt für Migration und Integration diese Bewohner*innen in einer Notunterkunft in der Meineckestraße unter. Dort werden sie seither zusammen mit anderen wohnungslosen Menschen von Sozialarbeiter*innen der Diakonie unterstützt.

Ungefähr zu dieser Zeit bemerkte Viktoria auch, dass sie schwanger war. Sie informierte Andrej, der sofort zu ihr nach Düsseldorf kam. Für beide kam die Schwangerschaft zwar unerwartet, aber sie freuten sich sehr darüber, Eltern zu werden. Beide blieben zusammen in der Notunterkunft, während der Bauch von Viktoria wuchs. Während ihrer Schwangerschaft fehlte Viktoria die Mutter, die wieder zurück nach Rumänien gefahren war, um die jüngeren Geschwister zu versorgen. Keine leichte Zeit für eine Siebzehnjährige, die bislang bei der Mutter gelebt und noch die Schule besucht hatte.

Aus der Schülerin ist eine junge Mutter geworden

Sie konnte sich aber auf ihren Partner verlassen, und auch die Sozialarbeiterin der Diakonie, Ingrid Gündisch, war ihr eine große Hilfe. Gündisch organisierte die Baby-Erstausstattung, sorgte dafür, dass die werdende Mutter krankenversichert war – und damit auch das Baby –, und bei der Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein Zuhause“ beantragte sie die Zuteilung einer Wohnung. Über diese Initiative bekam die kleine Familie auch tatsächlich eine Wohnung in Holthausen vermittelt. Denn Mitte Mai kam dann der kleine Damian auf die Welt – ein sehr niedliches, ruhiges und ausgeglichenes Baby. Ingrid Gündisch, die fließend Rumänisch spricht, besucht die Eltern weiterhin einmal in der Woche, um mit ihnen all die Formalitäten zu regeln, die notwendig sind.

"All the best for my son"

Viktoria fühlt sich in ihrer Mutterrolle sehr wohl, das merkt man ihr sofort an. Und auch Andrej ist hin und weg von seinem Sohn. Auf die Frage, was er sich für die Zukunft wünscht, antwortet er auf Englisch: „All the best for my son.“ Seine eigenen Wünsche seien jetzt gar nicht mehr so wichtig.

Und tatsächlich sieht es für die kleine Familie ganz danach aus, dass sich alles zum Besten gewendet hat. Vater Andrej hat einen festen Job bei DHL, und für die erste Zeit mit dem Baby kommt künftig eine rumänische Familienpflegerin, um mit Rat, Tat und in der Muttersprache zur Seite zu stehen. Kein Ersatz für Viktorias Mutter, aber eine kompetente Person, der die junge Mutter Fragen zur Versorgung und Erziehung ihres Sohnes stellen kann. Und Möbelspenden machen die Wohnung mittlerweile richtig gemütlich. Alles andere wird sich finden.

Ende des Jahres, wenn Viktoria 18 Jahre alt ist, steht die Hochzeit des jungen Paars auf dem Plan; bis dahin ist bestimmt auch die Geburtsurkunde von Klein-Damian da. Die Beiden können es kaum erwarten, ihren Eltern und Verwandten ihr Baby auch persönlich vorzustellen – bei einem Besuch in der rumänischen Kleinstadt, in der alles begann.