Pressemitteilung

Wenn der Strom zum Luxusgut wird: Diakonie fordert finanzielle Beihilfen

Claudia Fischer (Name geändert) hat ein Problem. Weil ihre alte Nachtspeicherheizung es nicht schafft, ihre Wohnung genug zu wärmen, muss sie zusätzlich Radiatoren anschalten. Die verbrauchen eine Menge Strom. Sie bezahlt trotz ihrer kleinen Wohnung deshalb 75 Euro für Strom im Monat. Im Arbeitslosengeld II, das sie als sogenannte Aufstockerin bezieht, ist aber nur die Hälfte vorgesehen. So wie Claudia Fischer geht er immer mehr Menschen mit geringem Einkommen. Um rund 40 Prozent sind im vergangenen Jahr die Energiepreise gestiegen. Das trifft fast alle, aber besonders die, die ohnehin nicht viel haben.

Die Bundesregierung hat reagiert und einen Energiekostenzuschuss für Geringverdiener beschlossen. „Das ist ein Anfang, aber es reicht bei weitem nicht aus“ sagt Michael Schmidt, Diakoniepfarrer in Düsseldorf. „Nicht alle, die den Zuschuss brauchen, bekommen ihn auch. Und er löst die strukturellen Probleme nicht. Wir fürchten, dass die Energiekosten in Kombination mit der ohnehin hohen Inflation deutlich mehr Menschen unter die Armutsgrenze drücken und sie in die Schulden treiben.“

Teilweise gebe es Nachzahlungsforderungen von mehreren hundert Euro, bestätigt Uli Wagner, Leiter der Evangelischen Schuldnerberatung in Düsseldorf. Bei den Nachzahlungen könne die Schuldnerberatung helfen, z.B. Ratenzahlungen mit den Energieversorgern vereinbaren oder beim Jobcenter einen Kredit dafür beantragen. „Dafür müssen die Menschen aber auch rechtzeitig zu uns kommen, bevor der Strom oder die Heizung abgestellt sind. Sonst wird es extrem schwierig, da wieder rauszukommen. Und die Schulden sind ja auch nicht weg, wenn sie neue Kredite dafür aufnehmen müssen.“

Der geplante Energiekostenzuschuss sei in den meisten Fällen zu niedrig, um die hohen Nachzahlungen zu decken, und nur Empfänger*innen von Wohngeld hätten Anspruch darauf. „Aber Menschen, die von Hartz IV leben wie Frau Fischer, sind ebenso betroffen“, sagt Uli Wagner. „Zwar nicht mit den Heizkosten, die werden übernommen, aber mit den Stromkosten. Und die sind bei ihnen oft sogar höher als im Durchschnitt, weil sie z.B. oft ältere, nicht energieffiziente Elektrogeräte haben, die sie auch nicht einfach so austauschen können.“

Das schlage sich dann nicht nur in den Nachzahlungen nieder, sondern auch in den monatlichen Abschlägen für die Energiekosten, die mit den gestiegenen Energiepreisen auch angehoben würden, sagt Wagner. „Wenn auf einmal 20 Euro mehr im Monat auf die Menschen zukommen, dann wissen sie nicht mehr, wie sie das schaffen sollen. Es gibt viele, die normalerweise gerade so hinkommen, und jetzt nicht mehr.“

Zwei Abschlagszahlungen im Rückstand

Claudia Fischer gehört dazu. Sie ist schon zwei Abschlagszahlungen beim Stromversorger im Rückstand, berichtet sie. Eine weitere kann sie sich nicht leisten, dann droht die Stromsperrung. Sie spart deshalb am Essen, und auch die Menschen, die sie zum gemeinsamen Hobby traf, sieht sie nicht mehr. Das Sozialticket, mit dem sie zu den Treffen fuhr, kann sie sich nicht mehr leisten. Und das eine Getränk in dem Café, wo sie sich trafen, auch nicht mehr.

Die Berater*innen der Diakonie Düsseldorf berichten von immer mehr solcher Fälle. Die Diakonie fordert deshalb schnelle Erleichterungen für Menschen, die von Transferleistungen abhängig sind, oder ein geringes Einkommen haben. Nötig sei ein Energiekostenzuschuss, den alle bekommen, die ihn brauchen, außerdem eine schnelle und deutliche Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze, fordert  Diakoniepfarrer Michael Schmidt. „Wir reden hier vom Existenzminimum. Da kann man nicht mal eben so 20, 30 Euro wegnehmen und für die höheren Energiekosten aufbringen, zumal auch die Preise von Lebensmitteln deutlich angestiegen sind.“ Nur mit einer deutlichen Erhöhung sei es möglich, das Existenzminimum zu sichern und die Verschuldungsspirale von Menschen mit geringem Einkommen aufzuhalten.

Claudia Fischer zittert schon vor dem Frühjahr. Dann kommt ihre Jahresabrechnung. Wie sie die bezahlen soll, weiß sie nicht. Mehr sparen kann sie nicht mehr.